Wednesday, November 01, 2006

Boxenstop an den Wurzeln

Mal sehen ob ich das noch kann. Anfangs schrieb ich noch, dass ich beidsprachig schreiben würde, doch es kommt ja oft anders als man glaubt. Michael Schumacher wurde doch nicht Weltmeister, Schüssel kann brausen gehen mit seinen Eurofightern und ich hab letzte Nacht nach langer Zeit doch recht viel getrunken.
Wenn man eine Sprache verinnerlichen will, muss man anfangen in ihr zu denken, damit der zeitraubende Prozess des innerlichen Übersetzens wegfällt und das Sprechen somit flüssiger wird. So ähnlich wie mit analogen und digitalen Signalen. Zwischendurch merk ich selbst wie ich versuche in Englisch zu denken. Das geschieht meistens durch lautlose Selbstgespräche (was irgendwie nur eine andere Definition von denken ist). Und die Worte die ich dabei am meisten verwende ist "you know" und "like". Diese beiden Ausdrücke sind notwendig wenn es einem schwer fällt die richtige Formulierung zu verwenden um etwas zu erklären. Also probiert man während der Erklärung verschiedene Formulierungen live aus und verbindet sie alle mit einem "like", und hofft, dass sie einigermaßen verständlich waren.

Nach sieben Wochen Dublin ist es an der Zeit ein langes Resümee zu ziehen.

Studium

Die meisten meiner Kurse sind vergleichbar mit den VUs (Vorlesung und Übung) in Wien. Dadurch verbringe ich insgesamt gesehen nicht sehr viele Stunden an der Uni (10 - 11 h), doch zu tun gibt es dennoch genug. Dabei sind es hauptsächlich kurze und lange Präsentationen mit denen wir uns herumqäulen müssen. Was mich etwas enttäuscht hat ist, dass das Wirtschaftsinformatik-Studium hier sehr wirtschaftslastig ist und wenig bis gar keine reinen Informatikfächer angeboten werden. So darf ich nun zum bereits fünften (!!) Mal im Leben die Maszlov Pyramide vorgestellt bekommen (ehrlich, ich hab nachgezählt wo überall ich das schon gehört habe: Einmal in Psychologie in der siebten Klasse, dann im Kolleg, dann in "Organisation und Personal" an der Uni und dann nochmal in "Business English" wieder an der Uni) oder simple Prozesse mit Rechtecken und Pfeilen abbilden. Von Entwickeln (sei es auch nur HTML Seiten) nicht die geringste Spur.

Ein positives Erlebnis ist überraschenderweise ein Modul namens "Strategic Management of Information Technology". Das klingt zwar typisch nichts und allessagend wie die meisten Titel von Lehrveranstaltungen, aber wie uns das Resource Based View beibringt sind es immer die Menschen die den Unterschied ausmachen. Der Leiter dieser Lehrveranstaltung ist nämlich ein äußerst smarter und lässiger Kerl. Er kommt aus der Wirtschaft und behandelt uns daher nicht wie klassische Studenten der Klasse X (die, die nicht gern studieren) sondern wie Manager, die gerade ein Fortbildungskurs machen. Ein Teil der Inhalte sind zwar oft kaum verständliche akademische Papers, die sich meist als "rocket science" präsentieren, in Wahrheit aber nur aus dem Wiederkäuen von älteren Papers besteht, doch die Art und Weise wie Des (ja so heißt der "smart man") diese angestaubten Erkenntnisse immer wieder mit Beispielen aus der realen Welt erklärt macht die Sache dann doch interessant. Seine Lieblingsfirmen sind nach der Anzahl der Erwähnungen zu beurteilen "Google", "Amazon" und "GE (General Electric)".

Iren

Ein Volk kann man ja unmöglich generalisieren. Amerikaner sind ja auch nicht alle einfach dumm, nur weil George W. Bush über sie herrscht. Somit sind auch nicht alle Iren irre. Mir ist zum Beispiel die großzügige Freundlichkeit der Iren im Straßenverkehr aufgefallen, und zwar nicht zwischen den Autofahrern sondern zwischen den Passanten. Die Iren sind immer die Ersten wenn es darum geht "sorry" zu sagen. Wenn zwei Personen einander entgegenkommen, herrscht ja zumeist ein unsichtbares Verständnis zwischen den Beiden wer ein Stück nach rechts und wer etwas nach links weicht. Natürlich kommt es diesbezüglich hin und wieder zu Missverständnissen und man entgeht nur knapp einem Zusammenstoß. Doch selbst wenn es ein kaum wahrnehmbares Missverständnis war, wo die Gefahr eines Zussamenstoßes nur marginal bestand, bestehen die Iren auf ein sorry. Selbst wenn das Gegenüber gerade Musik in den Ohren hat.

Man wird hier sehr oft "Hi, how you're doing?" gefragt; selbst von komplett unbekannten Barkeepern. Im ersten Moment glaubt man dem erzählen zu müssen wie man sich nun fühlt, dass es zum Beispiel stressig war an der Uni und man einen Kater vom Vorabend hat etc. Doch dann merkt man, dass der Fragende längst hinter der nächsten Ecke verschwunden ist und sich nicht im geringsten für deine Lebensgeschichte interessiert.

Wie in vielen Ländern gibts auch in Irland das Nord-Süd bzw. West-Ost Gefälle. Süddublin ist z.B. bekannt für seine Studenten die täglich im Rover in der Trinity College vorfahren. Norddublin dagegen eher für die ständigen Polizei und Krankenwagensirenen und den Schauergeschichten über Schießereien und unnatürliche Todesfälle. Ich hab mich natürlich für die gefährliche Gegend entschieden und siehe da, gerade eben hör ich wieder eine Sirene. Möge seine/ihre Seele im Frieden ruhen.
Der Westen von Irland gilt als das wahre Irland, die grüne Insel, unberührte Natur und ähnliche Traumphrasen passen da ganz gut hin. Hoffentlich seh ich was davon wenn ich mal bald dorthin reise in den nächsten Wochen.

Sport

Die drei Säulen des Studentenlebens hier sind Partys, Studies und Sports (Jaja, nicht dreimal Partys). Letzteres wird hier ausgezeichnet gefördert und so beschloss ich diese Möglichheit so gut wie möglich auszunützen. Badminton, Cricket und Karting kennzeichnen meinen Sportalltag. Für Badminton war für dieses Wochenende ein Irlandweites Turnier in Limerick (im Westen) angesetzt. Doch just heute erfuhr ich, dass die Kosten dafür in die Höhe geschnellt sind (von 70 auf unleistbare 150€) da einige plötzlich abgesagt haben. Bin zwar maßlos enttäuscht darüber, andererseits laboriere ich seit zwei Wochen an einer Fußverletzung (bin umgeknickt), wodurch ich sowieso nicht ganz fit bin.

Cricket ist entgegen meinen Erwartungen doch kein ruhiger Gentleman Sport sondern recht anstrengend, vor allem das Training. Nach zwei Stunden ununterbrochenen Bowling (und ein bisschen Bating) war der Muskel seitlich unter den Armen für ein paar Tage zu nichts mehr zu gebrauchen. Der harte Korkball (der selbst Indoor zwischendurch verwendet wird!) raubt einem das Gefühl in den Händen wenn er einem mit Höchstgeschwindigkeit entgegen kommt und man ihn dann fangen muss. Der Schläger ist ein ganzes Stück schwerer als er sein könnte, dadurch kann man ihn auch nicht so locker schwingen wie beispielsweise einen Baseballschläger. Allerdings ist es mit viel Training natürlich möglich. Der Chairperson, Mr. Vipul Gangrya aus Delhi z.B. geht so locker mit dem Schläger um wie unsereiner mit einem Badmintonschläger. In den nächsten Sessions werden wir ein traditionsreiches Cricket-Duell namens The Ashes zwischen DCU England und DCU Australia simulieren.

Karting ist bis jetzt die mit Abstand aufregendste Sportart die ich betreibe. Es ist auch verdammt anstrengend, man glaubt es kaum. Aber so einen kleinen Wagen durch die Kurven hetzen beansprucht sämtliche Muskelpartien am Arm, Bein und Oberkörper. Nach dreißig Runden ist man oft schon einigermaßen ausgepowert. Obwohl die Go-Karts vollautomatisch sind (sprich keine Gänge) und man sich somit nur ums Gasgeben und Bremsen kümmern muss, ist es gar nicht so einfach diese PS-Minis zu steuern. Das Lenkrad ist recht mühsam zu steuern. Man muss das Bremspedal sehr geschickt (bzw. sparsam) betätigen um die Kurven richtig hinzukriegen und ja keine Zeit zu verlieren. Leider ist die Strecke auch extrem rutschig und die Reifen haben praktisch kein Profil, somit rutscht man ohne Ende wenn man Fehler macht. Bis jetzt war ich erst zwei Mal, und beide Male war es Indoor-Karting. Outdoor sollen die Bedingungen um einiges besser sein hab ich mir sagen lassen.
Ich hatte insgeheim gehofft, dass ich vielleicht ein besonderes Talent fürs Rennfahren bei mir entdecken würde. Doch die Rundenzeiten sind nicht sehr vielversprechend, bin eher im Mittelfeld. Letztens bei einem Vergleich unter acht Neulingen war meine beste Runde lediglich die Fünftbeste. Die Besten sind knapp eine Sekunde schneller. In zwei Wochen ist ein Trip nach Cork geplant wo es auch ein Rennen geben wird. Bin mal sehr gespannt wie ich mich auf einer Outdoor-Strecke zu Recht finde. Vielleicht waren ja wirklich nur der schlechte Zustand der Indoor-Strecke und die Karts Schuld an meinen schlechten Rundenzeiten. Es besteht also noch eine kleine Hoffnung auf eine eventuelle Rennkarriere.

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